Aufruf zu einem dreijährigen
gemeinsamen WEG DER HOFFNUNG
Initiative für eine Erneuerung von Kirche und Gesellschaft
1.
50 Jahre nach dem Konzil
Im Jahr 2012 werden es fünfzig Jahre sein, dass das 2.
Vatikanische Konzil eröffnet wurde. Die Kirchengeschichte
lehrt uns, dass Ergebnisse der Konzilien oft erst in der zweiten oder
dritten Generation im Kirchenvolk umgesetzt werden. Nach einer
Aufbruchsstimmung während des Konzils und kurz danach, trat in
den letzten Jahrzehnten in der Kirche eine gewisse
Ernüchterung ein. Es vermehrten sich die Zeichen für
eine epochale Krise. Eine Vielzahl von statistischen Zahlen belegt
diese Entwicklung. Noch bedenklicher als die Zahlen sind aber
Frustration und Resignation, die sich unter vielen KatholikInnen -
besonders auch unter vielen MitarbeiterInnen - ausbreiten. Vielerorts
herrscht Müdigkeit und Routine. Oft wird mehr verwaltet, als
neu gestaltet.
Gesellschaftlich betrachtet erleben wir in der heutigen Zeit die
schnellste Revolution, die es bis jetzt in der Menschheitsgeschichte
gab. Es ist dies die chancenreiche Entwicklung hin zur
Globalität. Dieser Prozess befindet sich momentan in einer
kritischen Situation. Wird das Zusammenwachsen in Frieden
möglich sein, oder verstärken sich die
großen Gefährdungen für die Welt, wie die
nukleare Aufrüstung, das Nord-Südgefälle,
die Klimaerwärmung oder die Auswüchse des
neoliberalen Finanzkapitalismus? Hinzu kommt heute eine Beschleunigung
der Zeit, wie es sie bis jetzt noch nie gab. Vor allem die
Digitalisierung der Welt, wie auch die Errungenschaften der modernen
Wissenschaften, haben diesen Vorgang ausgelöst. Diese
Beschleunigung verschärft die globale Krise. Was die
westlichen Gesellschaften betrifft, leiden wir heute an Werteverlust,
der Zuspitzung eines konsumistisch-egoistischen Materialismus und an
Demokratiemüdigkeit. Wer in den letzten Monaten seinen Blick
auf die gesellschaftliche Situation unseres Landes gerichtet hat, der
musste eine die Demokratie ad absurdum führende Politik,
Stillstand und ein Raunzen auf hohem Niveau fest stellen.
2. "Löscht den Geist nicht aus"
Der große Theologe Karl Rahner hielt 1962 in Salzburg,
anlässlich der Eröffnung des
österreichischen Katholikentages, kurz vor Beginn des Konzils
einen Vortrag mit dem Titel "Löscht den Geist nicht aus." Wenn
man diesen Text heute, fünfzig Jahre danach liest, wird einem
die prophetische Dimension dieser Rede bewusst. Seine Zeitanalyse
könnte auch heute geschrieben worden sein. Wie er die
Situation der Kirche schildert, ist bis heute gültig. Es
scheint als hätten sich die Krisensymptome unserer Kirche
nicht verkleinert, sondern ausgedehnt. Welchen Schluss soll man jetzt
daraus ziehen? Heißt dies, wir müssen die Ergebnisse
des Konzils zurücknehmen, oder sollen wir vielmehr einen
offensiven Prozess der Verwirklichung und Umsetzung, vor allem auch in
den Ortskirchen versuchen. Wir meinen, Letzteres müsste der
Fall sein. Fünfzig Jahre nach dem Konzil brauchen wir eine
gesell-schaftliche wie auch kirchliche Offensive der Erneuerung. Wie
könnte diese ausschauen?
3. Dreijähriger gemeinsamer WEG DER
HOFFNUNG
Wir schlagen einen dreijährigen, gemeinsamen Weg der Hoffnung
vor, um der Krise in Kirche und Gesellschaft zu begegnen. Das letzte
Konzil hat den Laien eine neue Rolle in der Kirche zugewiesen. Alle
Getauften und Gefirmten sind von Gott berufen und bilden zusammen -
unter der Leitung des Bischofs und seines Presbyteriums - das Volk
Gottes. Damit hat sich ein ungeheures Potential aufgetan. Deshalb soll
dieser Prozess vor allem von Laien getragen werden. Wir glauben, dass
der Geist des Konzils "aufgefrischt" gehört. Das Konzil war
geprägt vom Geist der Offenheit und des aggiornomento. Es
versuchte Brücken zu bauen zu den anderen Konfessionen,
Religionen und allen Menschen guten Willens. So soll dieser von uns
vorgeschlagene Weg der Hoffnung besonders auch den Dialog mit den
verschiedensten Gruppierungen unserer Gesellschaft zum Ziel haben. Es
sollen sowohl Menschen damit angesprochen werden, die spirituell
suchen, als auch Menschen, die sich der großen sozialen und
globalen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit bewusst
sind. Ziel ist das gemeinsame Tun. Dieser Prozess soll sehr kreativ
sein, innovative Ideen und Initiativen und der Mut zum Wagnis sollen
den Weg bestimmen.
4. Erfahrungen in Weiz
Die Pfingstvision ist eine Weggemeinschaft. Wir sind Menschen, die
versuchen, heute als ChristInnen zu leben. Uns eint die Vision eines
Neuen Pfingsten. Als Pfingstvision sind wir weder ein Verein, noch
verstehen wir uns als Gruppierung oder Movimento in der Kirche. Wenn
jemand diesen dreijährigen Weg mitgeht, dann
schließt er sich nicht Weiz an, sondern er schließt
sich der Vision eines Neuen Pfingsten an; dieser Vision von Johannes
XXIII, die uns Franz Kardinal König mit auf den Weg gegeben
hat. In Weiz haben wir in den letzten 20 Jahren drei pastorale
Grunderfahrungen gemacht, die auch über Weiz hinaus einen
gewissen Modellcharakter darstellen könnten. Es sind dies,
neue spirituelle Erfahrungsräume zu eröffnen,
solidarische Basisinitiativen zu entwickeln und "konziliare" Prozesse
durchzuführen. Durch die Gründung der Solidarregion
Weiz ist in den letzten Jahren besonders unser solidarisches Engagement
gewachsen. Der dreijährige, gemeinsame Weg der Hoffnung ist
ein kontinuierliches Weitergehen dieses Weges. Schon die 10 Punkte der
Weizer Pfingstvision im Jahr 1995 wurden überschrieben mit
"Wir brechen auf. Aufruf zu einem Weg der gemeinsamen Hoffnung."
Natürlich wissen wir, dass unsere Erfahrungen in Weiz nur
bruchstückhaft sind. Vieles von dem, was wir begonnen haben,
ist aufgegangen. Manches muss aber auch kritisch hinterfragt werden.
Die Aufforderung von Karl Rahner, Mut zum Neuen und zum Wagnis zu
haben, war immer ein Antrieb unseres Tuns.
5. Konkrete Schritte der Umsetzung
> Bei der 20-Jahr-Feier der Pfingstvision am 12. April 2008 hat
Mag. Fery Berger - Leiter und Koordinator der Weizer Pfingstvision -
den dreijährigen, gemeinsamen WEG DER HOFFNUNG
angekündigt. Christoph Kardinal Schönborn und Bischof
Dr. Egon Kapellari wurden über dieses Vorhaben informiert.
Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari schätzt diese
Initiative als eine von vielen Frischzellen inmitten der Kirche und der
Gesellschaft und wünscht dazu allen Segen.
♦
> Die Einladung zu dem WEG DER HOFFNUNG beschränkt sich
nicht nur auf die Steiermark; auch nicht nur auf KatholikInnen. Sie
richtet sich an alle Menschen guten Willens. Bis zum Ende des Jahres
2008 kann man sich für den Weg als TeilnehmerIn im Internet
unter www.pfingstvision.at anmelden.
♦
> Im Herbst bildet sich ein Leitungsteam, das dann diesen Weg
konkret vorbereiten und leiten wird. Die Zusammensetzung des Teams
hängt davon ab, welche Menschen sich anmelden und von wo sie
kommen.
♦
> Als äußerer Rahmen für den Weg
sind vier Treffen, jeweils im Oktober von 2009 bis 2012 vorgesehen. Das
Treffen im Jahr 2012 soll dann Höhepunkt und Abschluss sein.
Wichtig wird der Prozess während der Treffen sein.
♦
> Internationale TeilnehmerInnen können sich auch per
Webcast am Treffen beteiligen. Das erste Treffen findet vom 9. - 11.
Oktober 2009 statt. Das Motto lautet "Löschen wir den Geist
nicht aus". Spiritualität steht im Mittelpunkt. Es soll vor
allem um die spirituelle Erneuerung in Kirche und Gesellschaft gehen.
Welche Möglichkeiten des Dialoges unter spirituell suchenden
Menschen von heute gibt es? Wie kann man heute von Gott reden? Als
Grundlage und Vorbereitung für das Treffen wird die Rede von
Karl Rahner verwendet. Ziel dieses Treffens ist Vernetzung,
Visionsentwicklung und konkrete Umsetzung.
♦
> Während des Jahres wird per Internet und E-mail ein
reger Kontakt unter den TeilnehmerInnen gehalten und Austausch
gepflegt. Die TeilnehmerInnen sollten nach dem Treffen zu
Kristallisationspunkten für den Prozess werden. Ihre Namen
sind allgemein bekannt. Menschen können sich während
des Jahres an sie wenden, Ideen und Vorschläge einbringen und
sich Anregungen holen für die konkrete Umsetzung.
♦
> Das zweite und dritte Treffen findet jeweils im Oktober 2010
und 2011 statt. Der Inhalt des zweiten Treffens ist
"Solidarität". Welche großen solidarischen
Herausforderungen gilt es heute zu bewältigen; regional,
national und global? Welche politischen Initiativen und
basispolitischen Erfahrungen gibt es? Wie können sie
gebündelt werden?
♦
> Der gemeinsame Weg mündet 2012, zum 50. Gedenkjahr
des Konzils, in einem Treffen rund um den 11. Oktober. Die Themen
für das dritte und vierte Treffen entstehen im Laufe des
Prozesses.
♦
>Dieser WEG DER HOFFNUNG richtet sich nicht gegen jemanden,
weder in der Kirche, noch in der Gesellschaft. Wir machen uns auf den
Weg zu einem Neuen Pfingsten. Das heißt: Dort, wo der Geist
eine Chance bekommt, - für Gläubige ist es der Geist
Gottes - dort entsteht das Neue Pfingsten. Dort, wo Menschen mit den
verschiedensten Sprachen einander verstehen, dort entsteht das Neue
Pfingsten. Der WEG DER HOFFNUNG ist ein globales Friedensprojekt.
♦
> Die Idee zu diesem Weg stammt nicht von uns, sondern vom
bekannten Jesuiten P. Henri Boulad. Der ehemalige Caritasdirektor von
Nordafrika, Mystiker und Autor zahlreicher Bücher hat vor
kurzem in Graz folgende Vision formuliert " Meine Vision ist, dass die
gesamte Kirche in eine dreijährige synodale Periode
eintritt…". Synodal bedeutet "gemeinsamer Weg". Wir
versuchen diese Vision jetzt konkret von der Basis aus umzusetzen. Zwei
Begriffe sind unser Motto "Hoffnung und Erneuerung".
♦
> Wir wollen diesen dreijährigen gemeinsamen Weg der
Hoffnung im Vertrauen auf die Führung durch den Heiligen Geist
begehen. Das heißt: dieser Weg muss offen sein für
Überraschungen und Unvorhersehbares. Offenheit ist eines
seiner wichtigsten Kriterien.
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